Friday, March 18, 2011

Atomausstieg mit Augenmaß

Der Bundestag erinnert wiedereinmal an einen Hühnerstall. Alle
versuchen beschäftigt auszusehen, gackern miteinander und wenn ein
Fuchs am Horizont auftaucht, dann rennen sie wild herum und versuchen
sich in Sicherheit zu bringen. Der Fuchs ist ein bedauerlicher
atomarer Zwischenfall in Japan.

Was passiert da gerade? Ich nehme es Frau Merkel nicht ab, dass sie
mit dem Begriff Wahrscheinlichkeit nichts anfangen kann. Sie hat also
das Restrisiko billigend in kauf genommen, oder sie hat dem Restrisiko
einfach keine weitere Beachtung geschenkt. Laut Auskunft der
Atomindustrie tritt eine Kernschmelze einmal in 10 000 Jahren ein. Was
das tolle an Wahrscheinlichkeiten ist, dass sie offenlegen wieoft ein
Ereignis eintrifft, aber nicht wann.  Die Atomindustrie zieht dann
noch gerne den Vergleich heran, dass seit der Errichtung der ersten
Atomkraftwerke in Deutschland mehr Menschen im Straßenverkehr
gestorben sind, als durch Auswirkungen von den Kernkraftwerken. Das
für eine große Anzahl an Opfern bei einem Atomunfall im Besten Fall
nur eine Person verantwortlich ist und bei einem Verkehrsunfall die
Auswirkung lokal sehr begrenzt und meist eine Person nur eine Hand
voll Leute ins Unglück stürzt, muss man eigentlich niemanden weiter
erklären.

Dann kommt auch noch gerne das Argument, dass die Kernkraft eine
zuverlässige Stromversorgung und CO2 Neutral ist. Also perfekt, um den
Klimawandel entgegen zu wirken.  Nun gut, dass kann man auf dem ersten
Blick schnell glauben, wenn man sich jetzt aber mal darüber Gedanken
macht, dann fällt auf das es ein sehr kurzsichtiges Argument ist. Da
wir uns schon mitten im Klimawandel befinden, kann man auch mit den
paar Atomkraftwerken nichts mehr ausrichten. Und zuverlässig wird es
dadurch auch nicht. Der Klimawandel sorgt dafür, dass es zu extremen
Wetterereignissen kommen wird. Stellen wir uns mal einen richtig
schönen Sommer vor. Normal ist es, dass es 2 Wochen richtig warm ist
und alle meckern, dass es mal wieder kühler werden könnte. Aber was
ist wenn es diesen Sommer 4 oder 6 Wochen wären. So wir letztes Jahr
in Rußland oder vor drei Jahren in Frankreich. Dann kann man das mit
der zuverlässigen Stromversorgung vergessen. Wieso? Ganz einfach, das
Wasser in den Flüssen erwärmt sich, Atomkraftwerke dürfen aber nur bis
29°C Wassertemperatur Kühlwasser in den Fluss abgeben, damit das
Ökosystem im Fluss nicht gefährdet wird. Also würden nach und nach die
Kernkraftwerke ihre Leistung reduzieren bis sie dann ganz vom Netz
gehen.

Jetzt mag man vielleicht denken, das ist doch dann eine
Ausnahmesituation, dann kann man eine Ausnahme machen und auch einfach
bei höherer Wassertemperatur noch Kühlwasser einspeisen. Ja, das mag
vielleicht gehen, nur jeder der sich mit Thermodynamik beschäftigt
hat, weiß das der Wirkungsgrad von der Temperaturdifferenz abhängig
ist. Je größer der Temperaturunterschied zwischen Input und Output
ist, dessto größer ist der Wirkungsgrad.  Und da kühles Wasser
benötigt wird, um den Kühlkreislauf zu gewährleisten, müsste man das
Wasser künstlich runterkühlen. Das braucht wirklich ne menge
Strom. Strom den man nicht an den Endkunden verkaufen kann. Es wird
sich dann einfach nicht mehr rechnen Strom mit einem Kernkraftwerk zu
produzieren. Schon aus ökonomischen Gründen würden sich die Betreiber
eines Kernkraftwerkes nicht um eine Sondergenehmigung bemühen. Also
hätten wir in der Mitte der Hitzewelle immer weniger KKW die am Netz
sind. Eine sehr zuverlässige Stromquelle!
Aber die Überlegung muss weitergehen. Ich sprach bereits von extremen
Wettersituation. Was kommt meist nach einer Hitzewelle? Richtig, im
Normalfall regen. Aber was passiert wenn es Starkregen ist? Der Boden
ist extrem trocken und nicht so aufnahmefähig wie im Normalfall. Wenn
jetzt eine große Menge Wasser dazukommt, wird es zu Überschwemmungen
und Bodenerosion kommen. Ich denke nicht, dass die Konstrukteure an
den Fall gedacht haben, dass dem Reaktor der Boden weggeschwemmt wird
und er absackt. Ich denke auch nicht, dass das bei anderen Kraftwerken
bei der Konstruktion darauf Wert gelegt wurde, aber bei denen ist es
einfach weitaus weniger schlimm.  Wenn das nun schlagartig das ganze
Gebäude absackt wird auch  der Druckwasserreaktor in mitleidenschaft
gezogen und vielleicht wird er Leck schlagen. Dann wird sich das
gleiche ereignen wie jetzt in Fukushima Daiichi. Der Reaktor wird leer
laufen und die Brennstäbe werden sich erhitzen.  Ist das dann
menschliches Versagen, weil die Konstrukteure diesen Fall nicht
betrachtet haben? Wahrscheinlich, aber man kann ihnen keinen Vorwurf
machen. Wenn die Anforderung beim Bau an das Kernkraftwerk gewesen wäre,
dass es einen Erdrutsch standhalten muss, dann hätte das auch so
gebaut werden können. Nur dann verdient das Kraftwerk viel später
Geld. Der Betreiber hätte gesagt, das lohnt sich nicht und vielleicht
erst garkeins gebaut.  Es ist also wieder eine Kosten/Nutzen
Rechnung. Die Kosten trägt die Allgemeinheit und der Nutzen ist
fragwürdig, wenn die Risiken mit betrachtet werden.

Es ist schade zu sehen, dass der Klimawandel und die möglichen
Konsequenzen noch nicht in den Köpfen der Politischen"elite"
angekommen ist. Wenn sie an Klimawandel denken, dann denken sie
bestimmt nur daran, dass die Meere steigen. Dann denken sie vielleicht
noch dran, dass sie erst aktiv werden müssten, wenn die Holländer
absaufen.

Und was ist die neue Prämisse der Kanlerin? "Ausstieg mit Augenmaß"
was man besser deuten kann mit "Augen zu und durch".

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